Das goldene Alien-Kind

In den ersten Monaten mit Tetrapak-Druck habe ich vieles ausprobiert: Kolorierungen, aber auch Monoprint-Hintergründe mit der Gelplatte. Das Drucken mit der Gelplatte hatte ich zunächst gnadenlos unterschätzt – und arrogant in die Ecke von „Serviettendruck und Salzteig“ gestellt. Falsch gedacht. Denn hier muss man in Schichten denken. Verliebt habe ich mich zwar nicht in die Technik, aber sehr viel Respekt davor gewonnen.
Einige Drucke aus den ersten Clips – Arbeiten, die eigentlich gar nicht mehr meinen Ansprüchen genügten – bearbeitete ich nach, auch um eine gewisse Posting-Frequenz auf Instagram zu halten. Besonders stark überarbeitet wurde der Druck nach dem Bildnis eines jungen Mädchens von Petrus Christus (ca. 1450–1475). Ein faszinierendes Werk, weil diese Kindfrau wie ein Alien wirkt. Ich habe sie aus dem Druck ausgeschnitten, mit vielen Schichten übermalt und auf einen goldenen Hintergrund gesetzt.
Auch mit anderen Drucken habe ich Cut-Outs kombiniert und Monoprint-Hintergründe erprobt. Letztlich es ging mir aber nicht darum, schwache Drucke zu „retten“, sondern bessere Drucke zu machen. Spannend war es zwar, verschiedene Kolorierungen auszuprobieren – etwa beim Porträt von Giovanna Tournabini. Aber noch spannender war die Recherche über diese Frau.

Bild 5 & 6, Tetrapakdrucke, coloriert, Adaption, G. Tournabini, Ghirlandaio, ca. 1489 —

Giovanna Tournabini starb 1488, kurz vor ihrem zwanzigsten Geburtstag und während ihrer Schwangerschaft. In Ghirlandaios Gemälde wurde sie als edel und tugendhaft dargestellt – ein Bild von Anstand und Frömmigkeit. Das Porträt hing in einer Nische, von einem goldenen Gesims gefasst; die „Mitgift der Tugend“ war im Reichtum ihres Mannes dauerhaft eingeschlossen. Auf Gemälden dieser Art waren Prunk, Kosmetik und Extravaganz übrigens erlaubt, obwohl sie im realen Leben weitgehend durch Konventionen untersagt waren. Ein Role-Model des Quattrocento, keusch für die Ewigkeit.